Einen Sachtext zusammenfassen
Auf der Seite des ISB (
http://www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26704) findet man u.a. folgendes Aufgabenbeispiel:
Zusammenfassen eines Sachtexts in Form der Textproduktion
(ich verändere die Typografie und kürze Erläuterungen, um anschließend
meine Lösung und die vorgegebene Musterlösung zu diskutieren):
Zusammenfassung eines Sachtextes in Form der Textproduktion
Aufgabenstellung: Fasse den Text in eigenen Worten zusammen. Stelle eine vorinformierende Einleitung voran.
Claudia Wolters, Iss das Richtige - aber was?
Wenn
Familien mit übergewichtigen Kindern ihre Ernährung umstellen, dann
hilft nur eines: alle müssen mitmachen, die Eltern als Vorbilder sowieso
und Geschwister auch, als Unterstützer. Alles andere würde das
übergewichtige Kind in der eigenen Familie zum Außenseiter machen.
Außerdem ist hier ja keine Diät angesagt, die irgendwann anfängt und
irgendwann auch wieder aufhört und dann kehrt man zu den alten
Gewohnheiten zurück. Im Gegenteil: Eine gesunde, ausgewogene Ernährung
ist für die ganze Familie sinnvoll und soll ja auch dauerhaft
beibehalten werden. Zudem ist in vielen Familien das Problem Übergewicht
ein Familienproblem und nicht nur das eines einzelnen Kindes.
Ziel
ist es, die Nahrungsauswahl und das Essverhalten dauerhaft so zu
verändern, dass ein Gleichgewicht entsteht zwischen dem Energieangebot
und der tatsächliche verbrauchten Energie. Weder Kalorienzählen noch FdH
(Friss die Hälfte) ist bei Kindern angebracht. Obst, Gemüse und
Vollkornprodukte machen satt, vor allem, wenn ausreichend Wasser dazu
getrunken wird und die Ballaststoffe dadurch aufquellen können. Schon
dadurch essen Kinder insgesamt weniger.
Ein Glas Wasser zu Beginn
der Mahlzeit bremst den Hunger. Außerdem sollte gutes und langsames
Kauen trainiert werden. Jeden Bissen vor dem Runterschlucken gründlich
kauen. Ablenkungen am Tisch sollten vermieden werden, z.B. durch
Spielzeuge oder gar durch Fernsehen. Sowieso ist eine gemeinsame
Mahlzeit an einem nett gedeckten Tisch die Basis für ein gesundes
Ernährungsverhalten.
Überhaupt: eine wichtige Regel beim Essen
heißt: höre auf das eigene Sättigungsgefühl und lass Essen stehen, auch
wenn der Teller noch nicht leer ist. Vorbei sein sollten die Zeiten, in
denen aufgegessen werden muss, was auf den Teller kommt. Kindern sollte
zugestanden werden, dass sie das Einschätzen erst noch lernen müssen.
Auch wenn die Augen manchmal größer sind als der Appetit. Auch Nachtisch
sollte es unabhängig davon geben, ob der Teller leer ist oder nicht.
Solche altertümlichen Tischregeln gehören in die Mottenkiste.
[...]
"5 am Tag" ist optimal, was Obst und Gemüse anbelangt. Dabei entspricht
eine Portion ungefähr einer Kinderhand voll, am besten dreimal Gemüse
und zweimal Obst. Obst und Gemüse sollten ungefähr 35% der kindlichen
Ernährung ausmachen. Dadurch ist gewährleistet, dass es ausreichend mit
Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen versorgt wird. Zudem sind Obst
und Gemüse fast fettfrei und eignen sich hervorragend als kleine
Zwischenmahlzeiten. Möhren, Gurken, Kohlrabi, Paprika sind als Rohkost
eine lecke Alternative, die auch vielen Kindern schmeckt, z.B. für
Gemüsemuffel als kleine bunte Spieße, oder als Gemüsestäbchen mit Dip.
Ein Teller mit einer Obst-Blüte aus verschiedenen Obstsorten, Apfel,
Banane, Kiwi, Mandarine als Blütenblätter oder was die Jahreszeit gerade
hergibt ist eine gerne akzeptierte Zwischenmahlzeit und wirkt am
besten, bevor die Frage nach den Süßigkeiten kommt. Lieber gesunde und
leichte Zwischenmahlzeiten, als Heißhunger entstehen lassen.
[...]
Da
Genuss und seelisches Wohlbefinden nicht zu kurz kommen sollen, sind
auch Süßigkeiten in Maßen erlaubt. Gerade hier hängt das Essverhalten
aber entscheidend mit der Verfügbarkeit zusammen. Wenn mein Kind weniger
Süßes essen soll, aber genau weiß, das ganze Süßigkeitendepot, die
Schublade oder der Schrank, ist voll mit verführerischen Leckereien,
dann ist es natürlich umso schwerer, weniger davon zu essen. Je weniger
im Haus ist, desto einfacher ist der Süßigkeitenkonsum einzuschränken.
Einmal am Tag eine Kleinigkeit, einige Gummibärchen oder statt der
ganzen Tafel Schokolade nur einige Stückchen, können aber durchaus drin
sein. Etwa 10% der täglichen Energie in Form von Süßigkeiten sind
akzeptabel. Süßigkeitenkalender können vielleicht helfen und je mehr das
Kind zu tun hat, desto unwichtiger werden die Naschereien
zwischendurch. Wer tobt, klettert oder intensiv spielt, eine Radtour
macht oder angelt, ist weit weg von den Süßigkeitendepots und
anderweitig beschäftigt. Langeweile oder fernsehen hingegen sind
verführerisch für Knabbern ohne Maß.
Die Lehrer in den Schulen
stellen verstärkt fest, dass Süßgetränke wie Eistee oder Limonade zum
Standard in der Pausenverpflegung gehören. Obwohl viele Schulen bereits
Mineralwasser als Alternative anbieten, bringen etliche Kinder in ihrem
Ranzen die süßen Getränke mit. Dabei ist Wasser der beste Durstlöscher,
ob in der Schule oder Zuhause. Saftschorlen (im Verhältnis 1:1) oder
ungesüßte Tees sind ebenfalls in Ordnung. Limonade, Cola, Eistees oder
reine Säfte sind wegen ihres hohen Zuckergehaltes wenig geeignet. Und
den Durst löschen sie eigentlich auch nicht, sondern machen nur Lust auf
mehr. Kinder haben pro Kilogramm Körpergewicht einen viel höheren
Flüssigkeitsbedarf als Erwachsene. Sieben- bis neunjährige sollten
mindestens einen Liter pro Tag trinken. Ein Glas der üblichen
Süßgetränke hat in etwa den gleichen Energiegehalt wie eine Scheibe
Brot. Bei einem Liter dieser Getränke hat das Kind schon einen großen
Teil seines Tagesenergiebedarfs gedeckt. Und das ist einfach zuviel.
http://www.wdr.de/tv/rundum_gesund/sendungen_2004/20040205/essen_uebergewicht.jhtml
Beispiel für einen Schreibplan
1 Essensumstellung der ganzen Familie herbeiführen
2 Wasser vor jeder Mahlzeit trinken
3 Auf langsames Kauen achten
4 Keine Ablenkung beim Essen erlauben
5 Sättigungsgefühl beachten
6 Auf das Gleichgewicht von Energiebedarf und Energieaufnahme achten
7 Gut ein Drittel Obst und Gemüse essen
8 Süßigkeiten in geringen Mengen erlauben
9 Süßigkeiten wegschließen
10 Für Bewegung der Kinder sorgen
11 Mineralwasser statt Süßgetränke anbieten
Mein erster Lösungsversuch:
In
dem WDR-Beitrag „Iss das Richtige – aber was?“ aus dem Jahr 2004 gibt
Claudia Wolters Ratschläge, worauf bei einer gesunden Ernährung
übergewichtiger Kinder zu achten ist.
Wichtig sei, dass die ganze
Familie ihre Ernährung zusammen mit dem Kind umstellt. Es solle
dauerhaft ein Gleichgewicht zwischen Ernährung und Energieverbrauch
hergestellt werden; Frau Wolters gibt eine Reihe von Tipps, wie dieses
Ziel erreicht werden kann. Obst und Gemüse sollten mehrmals täglich
gegessen werden. Auch Süßigkeiten seien in geringem Umfang erlaubt.
Trinken dürfe ein Kind aber nur Wasser, Saftschorle oder ungesüßten Tee.
Diskussion:
a)
Wenn man das „Beispiel für einen Schreibplan“ (s.o.) als Musterlösung
in Stichworten ansieht, muss man Nr. 2-5 streichen; denn das sind bloß
Einzelheiten (gleichwertig mit „nicht Reste aufessen“ oder „nicht zur
Strafe Nachtisch entziehen“, welche aber fehlen); das Gleiche gilt für
Nr. 9 und 10 sowie für die Angabe „ein Drittel“ in Nr. 7. Nr. 11 ist
dagegen (wegen „Mineralwasser“) zu eng gefasst; besser wäre „Wasser oder
energiearme Getränke“.
b) In meiner Lösung kann man den letzten
Satz als zu sehr in die Einzelheiten gehend kritisieren. Besser ist
vermutlich: „Trinken dürfe ein Kind reichlich Wasser oder energiearme
Getränke.“
Im Einleitungssatz habe ich neben Autor, Titel und
medialem Ort genannt: die Textsorte (gibt Ratschläge) und das Thema
(worauf … zu achten ist). Für das Thema gibt es m.E. keine Alternative.
Im Hauptteil habe ich genannt
- die Bedingung des Gelingens (Familie macht mit)
- das Ziel der Umstellung (dauerhaft Gleichgewicht herstellen)
- die praktischen Tipps nicht (da „Einzelheiten“) - wesentlich ist die Unterscheidung zwischen Tipps und Grundsätzen
- die
drei Grundsätze gesunder Ernährung (Obst, Süßigkeiten, Getränke); es
fehlt der Grundsatz „Höre auf das eigene Sättigungsgefühl!“.
Ein
abschließender Satz ist nicht erforderlich; ein Hinweis auf den
umgangssprachlichen Stil gehört nicht in eine Zusammenfassung, sondern
in eine Analyse, ebenso der Hinweis darauf, dass es sich um einen gekürzten Text handelt. Frage ist, ob der Begriff „Grundsätze“ in der
Zusammenfassung auftauchen darf oder muss (etwa: „Folgende Grundsätze
sollten für die gesunde Ernährung gelten:“). Ohne diesen Satz lautet
meine endgültige Lösung:
In
dem WDR-Beitrag „Iss das Richtige – aber was?“ aus dem Jahr 2004 gibt
Claudia Wolters Ratschläge, worauf bei einer gesunden Ernährung
übergewichtiger Kinder zu achten ist.
Wichtig sei, dass die ganze
Familie ihre Ernährung zusammen mit dem Kind umstellt. Es solle
dauerhaft ein Gleichgewicht zwischen Ernährung und Energieverbrauch
hergestellt werden; Frau Wolters gibt eine Reihe von Tipps, wie dieses
Ziel erreicht werden kann. Grundsätzlich sollte man auf das eigene
Sättigungsgefühl hören. Obst und Gemüse sollten mehrmals täglich
gegessen werden. Auch Süßigkeiten seien in geringem Umfang erlaubt.
Trinken dürfe ein Kind reichlich Wasser oder energiearme Getränke.
Weitere Einsichten:
- Es
gehört, wenn das eine Aufgabe für Kl. 7 ist, eine Reihe schwieriger
Wörter erklärt, z.B. „gehören in die Mottenkiste“, „anbelangen,
gewährleisten“ u.a.
- Die Fehler im Text müssten korrigiert
werden, die Umgangssprache bleibt selbstverständlich erhalten (Stil der
Autorin bzw. des Beitrags).
- Für die Textsorte „Ratschläge geben“ sind die sprachlichen Handlungen „Tipps geben“ und „Grundsätze aufstellen“ wesentlich.
- Referiert werden Inhalte im Konjunktiv I.
- Für
komplexere Texte kommen weitere sprachliche Handlungen in Betracht:
„unterscheiden, aufzählen, einschränken“ usw., siehe meine Überlegungen
zur Textanalyse (https://norberto68.wordpress.com/2013/11/07/analyse-theoretischer-texte/),
die evtl. erweitert werden müssten: Ein umfangreicher oder komplexer
Text kann nicht ohne voraufgehende Textanalyse und die Bezeichnung
sprachlich-gedanklicher Handlungen zusammengefasst werden.
- Neben
der Form der Textproduktion ist auch die Form einer Auflistung als
Zusammenfassung möglich, siehe das zweite (resp. erste) Beispiel auf der
Seite des ISB.